Australien-Umrundung Teil 6

Meine Australien-Umrundung Teil 6


30.7.2014 Kein Trampeln und kein Strampeln


Ich befinde mich auf einem Rastplatz 60 km von der Stadt Mount Isa in Zentral Queensland entfernt. Nachdem ich einen kurzen Zwischenstop eingelegt hatte, wollte ich weiterfahren. Mein Tagesziel war Mount Isa. Bei der Ausfahrt vom Rastplatz kam mir eines dieser buntbemalten Autos entgegen und es blieb sogar stehen. Aha dachte ich, billig Auto, Backpacker auf Aussietour, übliche Gedanken wenn man diese schrecklich bemalten Autos sieht. Es hat negative Berichte in den Medien gegeben wegen sehr provokanten Sprüchen, die eigentlich unter der Gürtellinie waren aber sehr prominent auf den Autos zu lesen und zu sehen waren.
Vier Wuschelköpfe streckten ihre Gesichter aus dem Auto. Der Überraschungseffekt war ihnen anzusehen. Sie betrachteten mein Fahrrad und mich als hätten sie noch nie ein Fahrrad gesehen. Zuerst war ich bisschen irritiert. Ich vermutete das alle 4 Köpfe zu männlichen Gestalten passten. Wie dies so ist wurde mir nach den ersten Fragen bewusst, dass 2 der wuschelköpfigen Gestalten im Auto Mädels waren. Die Insassen des Autos waren total fasziniert einen Radfahrer im Outback zu sehen. Während den nächsten Minuten entwickelte sich das übliche Gespräch. Woher, wohin und warum überhaupt mit dem Fahrrad. Manchmal kann es ziemlich nervig werden. Manche Menschen werden mit ihren Fragen so aufdringlich, dass ich keine grosse Lust habe schon wieder dieselben Fragen zu beantworten. Diesbezügliche Erfahrungen haben meine Gedanken und Aktionen beeinflusst und ich habe mir vor der Tour rund um Australien im Internet kleine Broschüren zusammengestellt und drucken lassen. Es gibt Situationen da habe ich keine Lust mit Menschen zu diskutieren, will aber nicht unhöflich sein. Ist dies der Fall, drücke ich den Leuten einen meiner Flyer in die Hand und mit einem freundlichen Lächeln finde ich ganz schnell einen Vorwand um abzuhauen. Überraschungseffekt gelungen und wenige Momente später sitze ich wieder auf dem Fahrrad.

Es sind noch 60 km bis nach Mount Isa und es ist 5 Uhr am Nachmittag. Ich muss jetzt ein bisschen energischer in die Pedale treten, um vor Einbruch der Dunkelheit in Mount Isa zu sein.
Mit jedem Tritt in die Pedale nähere ich mich einer neuen Zeitzone, es wird ab 19 Uhr dunkel, dafür wird es um 6.30 morgens hell. Der Zeitunterschied zwischen dem Northern Territory und dem Sunshine State Queensland beträgt 30 Minuten. Ich fahre Richtung Westen. Der strahlend blaue Himmel verfärbt sich in ein etwas seltsameres blaugelb. Ganz weit weg am Horizont machen sich die ersten orange gefärbten Wolken bemerkbar.
Die Sonne wird in den nächsten Minuten wie ein roter Feuerball über den Hügeln am Himmel stehen. Ein weiterer Tag auf dem Fahrrad geht dem Ende zu. Der Wind hat sich wie üblich um diese Tageszeit gelegt und hat die lästigen Fliegen mitgenommen. Radfahren um diese Tageszeit ist sehr angenehm. Kein Lüftchen, die Temperatur ist um ca. 8-10 Grad gesunken und es herrscht Ruhe bis auf einige Vögel die kreischend und kreisend  einen Übernachtungsplatz suchen. Ich werde es vor Einbruch der Dunkelheit wahrscheinlich doch nicht nach Mount Isa schaffen. Mental bereite ich mich auf eine weitere Nacht im Zelt und im Outback vor. Der Einbruch der Dunkelheit passiert im Outback sehr schnell und es sind noch 20 km bis zum Ort. Ich muss mich jetzt entscheiden bei Dämmerung einen Platz zu finden oder die letzten Kilometer nach Mount Isa mit Licht zu fahren. Ich entscheide mich für die Lichtanlage und bleib stehen um die Lichter einzuschalten und eine Weste mit Leuchtstreifen anzuziehen.
Das Geräusch eines Autos kam immer näher und ich wartete mit dem Licht und der Weste bis das Auto an mir vorbeiraste. Als Radfahrer hört man wenn der Bleifuss vom Gaspedal genommen wird. Nach dem Überholmanöver blieb das Auto stehen, zwei Leute sprangen aus dem Pickup truck. Der Überfall war gut gemeint. Es sei viel zu gefährlich, hier in der Nacht mit dem Fahrrad zu fahren. Ich hatte gar keine Zeit mir zu überlegen ob ich überhaupt mitfahren sollte und wollte. In 30 Sekunden war mein Bike aufgeladen, und ich wurde im Komfort eines klimatisierten Pickup trucks nach Mount Isa transportiert. Während der Fahrt stellte sich heraus, dass der Fahrer und seine Begleiterin begeisterter Radfahrer sind. Der Fahrer wurde vor 4 Jahren mit seinem Fahrrad von einem einem Auto erfasst und verletzt. Er konnte es nicht ansehen mich auf dieser Straße kurz vor der Minenstadt Mount Isa im Dunkeln fahren zu lassen. Hey dude this is crazy „purer Wahnsinn” meinte er.
Ich wurde von den netten Leuten, die mich nach Mount Isa brachten, am Caravan-Park in der Nähe der Stadteinfahrt ausgeladen. Es stellte sich jedoch heraus, dass es keinen Platz gab. Ich fuhr mit dem Rad weiter zum nächsten Van Park. Auch dieser war ebenfalls ausgebucht. Ich hatte keine Lust, jetzt noch länger im Dunkeln zu suchen und übernachtete das erste Mal während dieser Reise in einem Motel. Der pure Komfort. Dusche, Bett, TV und Kühlschrank. Kein Trampeln im Sand und kein Strampeln in der Dunkelheit des Outbacks. Für heute auch keine zwickenden Ameisen am Hintern und keine stechenden Mücken im Gesicht. Egal wie dicht das Mosquitonetz ist, irgendwie und irgendwo kommen diese Biester immer ins Zelt. Ach wie schön kann Radfahren sein wenn man sich ab und zu diesen Luxus eines Motels leisten kann.

Fortsetzung folgt

Share by: