Tilmann Robert Waldthaler

Tilmann Robert Waldthaler

Wann und wo bist Du geboren?

Mein Name ist Tilmann Robert Waldthaler. Geboren am 24. März 1942 in München. Mein Vater war Südtiroler und meine Mutter kam aus Deutschland, dem sogenannten Elsass-Lothringen.


Was hast Du vor Deinen Reiseabenteuern gemacht?

Was Ich bin Konditor und Koch. Ich habe in vielen internationalen Hotels und Konditoreien weltweit gearbeitet. Vor meinem Aufbruch mit dem Fahrrad habe ich für Expeditionen gekocht.


Was war der Auslöser eine Weltreise zu unternehmen?

Während meinem ersten Aufenthalt in Australien bin ich einem Radabenteurer begegnet der mit seinem Tourenrad die Welt bereiste. Seine Geschichte hat mich absolut und spontan fasziniert. Er hat mir geholfen ein tolles Tourenrad zu bekommen. Im Jahr 1977 fuhr ich dann los. Zuerst von Darwin nach Sydney. Anschliessend habe ich in Neuseeland gearbeitet und nach einem 4 monatigem Arbeitsvertrag in der Antarktika habe ich meine erste grosse Fahrradtour von Neuseeland nach Norwegen unternommen. Während dieser Reise war ich 4 Jahre unterwegs und ich habe in diesem Zeitraum 55.000 km abgestrampelt und ich habe unterwegs in meinem Beruf gearbeitet um mir das nötige Kleingeld zu verdienen. Während der ersten grossen Fahrradtour arbeitete ich in der Antarktika, Neuseeland, Australien, Indonesien, Indien, Pakistan, Italien und in Spitzbergen. Sponsoren kamen erst viel später zu meinen Abenteuern hinzu.


Kamen Dir während Deinen Reisevortreibungen jemals Zweifel an dem was Du plantest?

Ich habe an mir selbt nie gezweifelt. Es waren immer andere Menschen, Freunde und Familie die mein Vorhaben als komisch und sogar ein bisschen asozial fanden. Das Argument wenn es überhaupt eines gab lautete: “Radfahren ist viel zu gefährlich.” Stell Dir vor die vielen wilden Tiere und der Verkehr! Mein Gegenargument war aus meiner Perspektive gesehen viel realistischer. Es ist aber auch möglich, dass man vor der Glotze an einem Herzstillstand stirbt. Noch schlimmer ist es dass man während einem Fernsehabend an einem “Fast Food Burger” oder als Armchair Reisender an “Chickenwings” ersticken könnte. 


Du bist den Nil und am Äquator entlang gereist. Hast die Achttausender umrundet. Bist von Norwegen nach Neuseeland geradelt. Du bist von Alaska nach Patagonien gefahren. Gibt es was, was Dich noch reizen würde oder was Du aus irgendwelchen Gründen nicht bereisen konntest?

Bis heute habe ich 520.000 km in 143 Ländern der Erde mit verschiedenen Rädern bereist. Ich habe alles gesehen was ich sehen wollte und fühle mich sehr priviligiert. Bin wunschlos zufrieden geworden. Erstaunlich welchen Einfluss das Radfahren haben kann.


Was war der schönste Moment auf Deinen Reisen?

Es gibt viele Momente die ich erleben durfte die unvergesslich geblieben sind. Diese Momente bleiben als Erinnerung in einer speziellen Ecke des Hirns gespeichert. Diese Gedanken und Erinnerungen sind schneller abrufbar als jedes Dokument auf der Festplatte eines Computers. Hier sind einige davon.


  • Mein Treffen mit Bob Marley and Peter Tosh *
  • Meine Arbeit in der Antarctica. *
  • Ich habe 6 Wochen für ein schwedisches Filmteam in der Arktis gearbeitet und ich habe für Max von Sydow gekocht*
  • Ich wurde vom König in Tonga als Gast eingeladen
  • Ich habe Indirah Gandhi in New Delhi besucht*
  • Das schönste und längste Erlebnis war das Treffen mit meiner heutigen Frau vor 33 Jahren in der Sahara. Auch sie war damals mit einem Tourenrad in der Wüste unterwegs. Keine Fata Morgana. Während meiner Arbeit und als Schreiberling in der Fahrradindustrie lebten wir in Südtirol. Die Täler waren uns zu tief und die Berge zu hoch. Wir entschieden uns 2003 nach Australien auszuwandern. Ich bin italienischer und seit 1974 australischer Staatsbürger. Meine Frau Renate hat im Jahr 2006 die australische Staatsbürgerschaft angenommen.


Gab es negative Erlebnisse, Zusammentreffen, Ereignisse, an die Du nicht so gerne zurück denkst?

Ich bin während dem Irak/Iran Krieg und der USA Geiselkrise im Iran gewesen und bin mit dem Rad von Pakistan kommend während dem Krieg durch den Iran gefahren. Ein Abenteuer der Sonderklasse. Bin von den Revolutionary Guards in Zahedan beinahe erschossen worden. Mein italienischer Reisepass hat mir das Leben gerettet. Ausserdem habe ich Vulkanausbrüche in Indonesien erlebt. Erdbeben in den Philippinen und Zentral Amerika überlebt. Wirbelstürme in Australien mitgemacht und auch einige Unfälle mit dem Fahrrad überlebt.


Was hast Du auf Reisen für Dich gelernt?

Das wir alle zur Musik der Geldmacher wie Frösche hüpfen. Wir weisshäutigen Menschen haben das Glück in einer von Gesetzen geprägten Gesellschaft doch noch einen Weg zu finden auf welchem wir uns so lange wir gesund bleiben und die Gesetze beachten wohl fühlen dürfen. Dieses Privileg haben Milliarden Menschen in anderen Ländern nicht. Gelernt habe ich, dass ich auf den Strassen der Welt meinem Pfad nach Innen gefunden habe. Dieser Pfad macht mich zufrieden mit dem was ich habe. Alles was ich nicht habe brauche ich nicht.


Haben sich auf Deinen Reisen evtl. Vorurteile bestätigt?

Ich bin immer sehr offen und gut vorbereitet mit ein bisschen Vorsicht in fremde Kulturen und Länder eingestiegen. Ein bisschen Vorsicht in den Packtaschen mitzunehmen ist eine gute Idee um den Übermut zu bremsen. Manches hat mich fasziniert und bin dann viel länger als geplant geblieben, Anderes hat mich absolut nicht berührt. Als Abenteurer hat man natürlich den Vorteil, wenn es einem nicht gefällt wieder aufzubrechen wohin man will. Vorurteile sind ein Hinderniss und sie haben sehr oft zur Folge, dass man nicht fähig ist Neues zu akzeptieren. Vorurteile wären für einen Abenteurer auf dem Fahrrad eine sinnlose Nebenerscheinung. Ich gehe immer davon aus während jeder Reise neue Ideen und Ansichten zu sehen und etwas Neues daraus zu lernen. Vieles von dem was ich sehe muss ich ja nicht akzeptieren aber vielleicht tollerieren. 


Was war schöner als Daheim?

Nichts!!!! Mit zunehmendem Alter brauche ich ein Zuhause und dieses haben wir in Australien gekauft. Wir leben sehr komfortabel in einem kleinen Haus in einem Retirement Village in der Stadt Cairns. Wir sind immer noch viel mit unseren Rädern unterwegs und haben im April 2020 unsere Ocean to Ocean Fahrradtour von Cairns nach Perth, 6.000 km beendet. Seit September 2016, meinem Retirement Datum habe ich 49.000 km mit drei verschiedenen Fahrrädern zurückgelegt.


Was war für Dich schwieriger auf Reisen, das Losfahren oder das Zurückkommen?

Selbst Abenteurer haben eine Komfortzone die sie nicht gerne verlassen, wenn Abenteurer was anderes erzählen ist es eine Ausrede, Umgehung der Realität, oder sogar eine Lüge. Wir Menschen lieben es, uns wohl zu fühlen und eine bestimmte Geborgenheit zu empfinden und zu geniessen. Es gibt nur wenige Menschen die sich als HOMELESS wohl fühlen. Das Losfahren ins Ungewisse war für mich immer schwieriger als das Nachhause kommen.


Du bist von Europa nach Australien ausgewandert, um dort Dein "Rentenalter" zu verbringen. Wie kam es dazu? Wieso Australien?

Stimmt nicht ganz. Ich war in Südafrika und Zimbabwe, Victoria Falls Hotel Gruppe als Konditor tätig und sah ein Stellenangebot in der Zeitung für Konditoren und Köche in Australien, New Zealand und für Kanada. Die Australier waren die Ersten die mein Angebot akzeptierten. Das Stellenangebot beinhaltete auch eine permanente Aufenthaltsgenehmigung. So kam es dass ich von Zimbabwe im Jahr 1967 nach Australien auswanderte. Die lockeren Menschen mit einem ganz speziellen Humor haben mich beeindruckt. Die Weite, die Wüste, diese unendliche Freiheit in diesem riesigen Kontinent haben mich total fasziniert und im Jahr 1974 wurde ich australischer Staatsbürger und bin es bis heute geblieben. Ich liebe dieses Land mit all seinen Vor und Nachteilen.


Was bedeutet Heimat für Dich?

Heimat ist ein kultureller und traditioneller Begriff. Meistens da wo man aufgewachsen ist. Ich bin bereits als Kind in der Nachkriegszeit immer mit meiner Mutter unterwegs gewesen. Deutschland, Österreich, Italien und später in der Schweiz. Ich hatte nie das Gefühl wirklich Bürger eines dieser Länder zu sein, denn ich war immer und überall der Ausländer. Heimat ist für mich dort wo ich mich wohl fühle und meine Träume vom Reisen realisieren kann. Eine der ersten Fragen die man in Australien immer wieder gefragt wird lautet: “Where are you from?” In Australien nehme ich diese Frage nicht so seriös, denn die Europäer in Australien sind irgendwann von irgendwo ausgewandert und in Australien eingewandert. Dies ist in Europa nicht immer der Fall. Die Tradition und Geschichte geht in Europa tausende Jahre zurück. Die ersten Europäer kamen ja erst vor ein paar hundert Jahren nach Australien.


Du hast bereits Dein drittes Buch erfolgreich veröffentlicht. Hast Du bereits während Deinen Reisen angefangen Deine Bücher in ein Skript zu fassen?

Ich habe insgesamt 17 Bücher geschrieben oder mitgeholfen diese Bücher zu realisieren. Das letzte Buch wurde 2015 publiziert und heisst OUTBACK. Eine Fahrradtour ins australische Outback. Teilweise habe ich die Texte für meine Bücher bereits unterwegs geschrieben. Dies hatte den Vorteil dass die Bücher nach meiner Rückkehr von den Reisen viel schneller publiziert wurden. Ich bin meinem Freund Carlson Reinhard sehr dankbar. Das Buch “Sieh diese Erde leuchten” hat Carlson Reinhard nach meinen Erzählungen geschrieben. Leider ist er viel zu jung im Jahr 2020 gestorben.


Wie hast Du Deine Reisen finanziert?

Die Reisen habe ich durch meine Arbeit als Konditor, später als Werbeträger für die Fahrradindustrie, Vorträge, Tourenangebote und durch den Verkauf meiner Bücher finanziert.


Welchen wichtigen Tipp, kannst Du anderen Abenteuern mit auf den Weg geben?

Versuche nicht andere Abenteurer zu immitieren um noch besser, noch schneller, noch weiter, noch höher und was weiss ich was, noch besser zu machen. Vergiss nicht dass jeder Mensch Qualitäten besitzt die einzigartig sind. Gestalte deine Abenteuer rund um deine Qualitäten, deine Ausstrahlung, deine Überzeugung von dir selbst und deine Möglichkeiten. Dies ist dein strahlender Punkt. Die Leistungen anderer Abenteurer sind in diesem Zusammenhang unwichtig. 
In einer Welt gefüllt mit Versprechen, Korruption, Betrug und Katastrophen wird es immer wichtiger durch Leistung und persönliche Ausstrahlung eventuelle Sponsoren zu überzeugen. Umarme die Situation, sowie die Möglichkeit zu haben dorthin aufzubrechen wohin dich deine Beine tragen. Sei dir bewusst, dass du nicht Abenteuer erleben musst, sondern priviligiert bist Abenteuer erleben zu können. Wichtig ist, dass man Abenteuer auch mit all seinen Nachteilen akzeptiert und nicht sobald der erste Löwe brüllt die Pläne ins Gebüsch wirft. Alles was wir machen wollen, macht man viel lieber und meistens auch besser als das, was man machen muss. 


Tipp: Es ist immer besser mit einer vollbrachten Leistung einen Sponsor für ein neues Abenteuer zu finden als mit einem Rucksack gefüllt mit Ideen auf Sponsorensuche zu gehen. Ideen sind die Bausteine deines Vorhabens aber noch lange keine Reise. Sponsoren wollen Resultate sehen.


Alles Gute wünscht
Tilmann

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