Fernradfahrer Ziel erreicht, Traum erfüllt.

Zyklon Tracey fegte mit Windgeschwindigkeiten bis zu 300 km zu Weihnachten 1974 die Stadt Darwin im Norden Australiens von der Erde. Die Verwüstung war enorm und auch ich verlor, meine wenigen Habseligkeiten. Nichts wäre leichter gewesen als meinen großen Traum einer Fahrradtour jetzt umzusetzen, denn ich stand zwischen den Trümmern einer zerstörten Stadt.
Da wo einst Häuser standen war nur noch Schrott aus Blech, Ziegeln und Holz zu erkennen. Bis 1977 arbeitete ich als Hilfsarbeiter in Darwin um den Schutt zu entfernen und neue Häuser hinzustellen.

Die Idee, die Welt mit dem Fahrrad zu bereisen bekam ich bei einer Begegnung mit einem Fernradfahrer in den australischen Wüstengebieten. Es waren auch Jean Pierres Ratschläge die mich dazu bewegten ein teures Tourenrad aus Belgien nach Australien zu importierten um meinen Traum zu realisieren.
Im Oktober 1977 war es dann soweit und meine allererste Fahrradtour führte mich von Darwin nach Sydney und weiter nach Neuseeland. Ich wollte sehen und erleben ob ich für derartige Touren mit dem Fahrrad überhaupt geeignet bin.

Als Koch und gelernter Konditor war es einfach Arbeit unterwegs zu bekommen. Die Kombination Koch und Konditor, dazu eine Portion Mut um die Welt mit dem Fahrrad zu bereisen und Abenteuer zu erleben wurde damals von vielen Menschen als unvorstellbar und exotisch angesehen.
Ich habe es verstanden diese Konstellation zu meinen Gunsten zu nutzen. Nachdem ich 4 Monate in der Antarktis, im ewigen Eis arbeitete war ich froh das Fahrrad in der südlichsten Stadt Neuseelands, Invercargill ins Rollen zu bringen. Endstation dieser etwas längeren Fahrradtour sollte das Nordkap in Norwegen werden. Ich konnte ja nicht ahnen dass diese 55.000 Km lange und 4 Jahre dauernde Fahrradtour zwischen dem Südpol und dem Nordpol ein Schlüsselerlebnis meines Lebens werden wird. Während dieser Fahrradtour habe ich Bob Marley kennengelernt. Ich habe in Indien durch einen längeren Aufenthalt in einem Ashram Indirah Gandhi getroffen sowie die höchsten Pässe der Welt in Indien mit dem Fahrrad befahren.
Nach einem Unfall wurde ich in Indien bei einer Arztfamilie wieder gesund gepflegt. In Pakistan wurde ich für 3 Tage von den Taliban sehr herzlich aufgenommen. Im Iran bin ich ganz knapp dem Tod entkommen und ich habe den Krieg zwischen dem Irak und dem Iran überlebt. Während dieser Tour habe ich auch zum Abschluss in Spitzbergen mit dem Schwedischen Filminstitute als Koch während den Dreharbeiten für den Film „Der Flug des Adlers“ oder „Ingenieur Andres Luftfährt“ gearbeitet. Es war mir eine Ehre für Max von Sydow kochen zu dürfen

Dies waren die bewegenden und großen Momente meiner langen Tour. Dazwischen gab es viele schöne aber auch nicht so schöne Situationen. Eines ist jedoch immer geblieben und dies war viel Zeit. Während dem die Beine unten an der Fahrradkurbel drehten, haben oben im Kopf meine Gedanken nicht nur über die Tour, sondern über den Sinn des Lebens und über den Unsinn im Leben nachgedacht. Ich kam zu dem Entschluss, dass mir das Radfahren und die erlebnisreichen Tage, Freude und neue Ansichten und Einsichten nicht nur in mein eigenes Leben sondern auch in das Leben anderer Menschen brachten. Durch die Freude die mir das Radfahren brachte entstanden in meinem Kopf Ideen wie ich das Erlebte besser vermitteln könnte. Die ewigen gleichen Fragen der Menschen denen ich unterwegs begegnete führten aus meiner Sicht zu uninteressanten Gesprächen. Dadurch wurden meine Gedanken angeregt kleine Geschichten in meinem Tagebuch zu verfassen.

Nach dieser ersten großen Reise wurde Südtirol vorrübergehend zu meiner neuen Heimat. Im Winter arbeitete ich als Konditor in Kurfar/Corvara in den besten Hotels. Während den Sommermonaten unternahm ich verschiedene Fahrradtouren in Europa und in Afrika. Während einer dieser Reisen in Afrika lernte ich in Tamanraset/Algerien eine mutige Frau kennen. Renate Traemann eine abenteuerliche Krankenpflegerin war mit einem vollbepackten Fahrrad von Bremen bis nach Kigali in Ruanda unterwegs. Wir entschlossen uns bis nach Lome in Togo gemeinsam unterwegs zu sein. Leider trennten sich unsere Wege bei der Ankunft in Lome. Renate fuhr mit dem Fahrrad weiter durch Afrika und ich entschloss mich nach einem längeren Aufenthalt in einem kleinen Dorf am Strand von Togo wieder zurück nach Europa zu fliegen. Als Konditor hatte ich gute Chancen in Südtirol Geld für eine weitere Reise zu verdienen.

Als 46 jähriger Konditor und vielen geradelten Kilometern in den Beinen war ich nicht ganz zufrieden. Mein Leben war sehr abenteuerlich doch plätscherte ich beruflich einfach so dahin. Die Welt über den Fahrradlenker zu beobachten und erleben zu dürfen war viel interessanter als in Hotelküchen zu arbeiten. Ich feilte an der Idee, meine Reisen und das erlebte Abenteuer einem breiteren Publikum anzubieten. Gerade zu diesem Zeitpunkt waren die ersten Mountainbikes in Europa im Anrollen und ich sah eine Möglichkeit in dieser neuen Szene Fuß zu fassen. Hersteller suchten Werbeträger und die Medien entdeckten diesen Trend. Die Nachfrage für Berichte, Bilder Interviews und Videos war enorm, Tendenz steigend. Fahrradmessen, Events und Werbespots wuchsen plötzlich aus dem Boden wie Pilze im Wald. Banken, Autohersteller Versicherungen, Getränkefirmen und die Pharmaindustrie waren sich einig dass das Mountainbike und Radfahren eine sinnvolle und gesunde Alternative zur Fernbedienung, der Glotze und dem Bier zuhause sein könnten. Plötzlich war das Reisen mit dem Mountainbike und das Radfahren ganz hoch im Kurs. Es war ein glücklicher Zufall, denn ich stand irgendwie mitten in dieser neuen Szene. Als Radfahrer besuchte ich Fahrradmessen, Ausstellungen und Events. Die Idee mit dem Fahrrad, die Welt zu umrunden und Abenteuer zu erleben, Vorträge zu halten und über meine Weltumrundung ein Buch zu schreiben war für mich kein Traum sondern meine neue Strategie, dem täglichen Arbeitstrott endlich adieu zu sagen. Der Wunsch das Erlebte und diesen unglaubliche Reichtum an Lebenserfahrungen meiner Reisen mit anderen Menschen zu teilen wurde immer stärker. Mein Leben nahm plötzlich ganz andere Formen an. Die Manager der Outdoor und Fahrradindustrie erkundigten sich bei mir über mögliche Kooperationen während den kommenden Reisen. Ich lernte viele hilfsbereite Menschen kennen. Renate Traemann die radelnde Krankenpflegerin die ich in Afrika getroffen habe akzeptierte meine Einladung und besuchte mich im Land der hohen Berge und tiefen Täler-Südtirol. Nachdem sich unsere Wege in Afrika trennten, fanden wir in Südtirol einen gemeinsamen Lebensweg.

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